Denkmuster und Achtsamkeit
Achtsamkeit, definiert als nicht wertende Bewusstheit des gegenwärtigen Moments, hat sich als wirksames Mittel zur Veränderung maladaptiver Denkmuster erwiesen. Diese Praxis kann helfen, automatische und reflexive kognitive und emotionale Reaktionen zu unterbrechen und so das Wohlbefinden zu steigern.
Mechanismen der De-Automatisierung
Achtsamkeit fördert die De-Automatisierung von Gedankenprozessen durch vier Hauptkomponenten: Bewusstsein, Aufmerksamkeit, Fokus auf die Gegenwart und Akzeptanz. Diese Elemente tragen dazu bei, automatische Schlussfolgerungen zu unterbrechen, die kognitive Kontrolle zu verbessern, metakognitive Einsicht zu erleichtern und die Unterdrückung oder Verzerrung von Gedanken zu verhindern (Kang et al., 2013).
Die Praxis der Achtsamkeit kann die Fähigkeit zur Selbstkontrolle und das allgemeine Wohlbefinden verbessern, indem sie die automatischen mentalen Operationen reduziert (Kang et al., 2013).
Umgang mit negativen automatischen Gedanken
Studien zeigen, dass Achtsamkeit negativ mit der Häufigkeit negativer Gedanken korreliert ist und die Fähigkeit verbessert, sich von negativen Gedanken zu lösen. Dies wurde sowohl in allgemeinen als auch in behandlungssuchenden Studentengruppen beobachtet (Frewen et al., 2008).
Achtsamkeit reduziert insbesondere negative Grübeleien, während positive Grübeleien unbeeinflusst bleiben. Dies deutet darauf hin, dass Achtsamkeit speziell negative Gedanken abschwächen kann, ohne positive Gedanken zu beeinflussen (Kiken & Shook, 2014).
Neurowissenschaftliche Perspektiven
Neurowissenschaftliche Studien zeigen, dass Achtsamkeit die Aktivität im Default Mode Network (DMN) des Gehirns beeinflusst, was mit einer Reduktion von selbstbezogenen Gedanken und einer Zunahme von selbstspezifizierenden Gedanken verbunden ist (Weder, 2022).
Erfahrene Achtsamkeitspraktizierende zeigen Unterschiede in der neuronalen Rekrutierung, die mit der Entstehung spontaner Gedanken verbunden sind, was auf eine verbesserte metakognitive Verarbeitung hinweist (Ellamil et al., 2016).
Auswirkungen auf das umherschweifende Denken
Langfristige Achtsamkeitspraxis reduziert das umherschweifende Denken (Mind Wandering) und dessen negative Auswirkungen auf kognitive Aufgaben. Erfahrene Meditierende berichten von weniger umherschweifenden Gedanken und zeigen eine verringerte Aktivität im DMN während der Meditation (Feruglio et al., 2021).
Herausforderungen und zukünftige Forschungsrichtungen
Trotz der positiven Effekte von Achtsamkeit auf Denkmuster und emotionales Wohlbefinden bleibt der genaue neuronale Mechanismus unklar, und es sind methodisch rigorosere Studien erforderlich, um die zugrunde liegenden Prozesse vollständig zu verstehen (Tang et al., 2015).
Weitere Forschung ist notwendig, um die qualitativen Merkmale des umherschweifenden Denkens und dessen Beeinflussung durch Achtsamkeit genauer zu untersuchen (Feruglio et al., 2021).
Insgesamt zeigt die Forschung, dass Achtsamkeit eine vielversprechende Methode zur Veränderung von Denkmustern und zur Förderung des Wohlbefindens darstellt, wobei jedoch weitere Studien erforderlich sind, um die zugrunde liegenden Mechanismen vollständig zu verstehen und zu validieren.
Studien zu Denkmustern und Achtsamkeit
Kang, Y., Gruber, J., & Gray, J. (2013). Mindfulness and De-Automatization. Emotion Review, 5, 192 – 201.
Frewen, P., Evans, E., Maraj, N., Dozois, D., & Partridge, K. (2008). Letting Go: Mindfulness and Negative Automatic Thinking. Cognitive Therapy and Research, 32, 758-774.
Kiken, L., & Shook, N. (2014). Does mindfulness attenuate thoughts emphasizing negativity, but not positivity?. Journal of research in personality, 53, 22-30.
Weder, B. (2022). Mindfulness in the focus of the neurosciences – The contribution of neuroimaging to the understanding of mindfulness. Frontiers in Behavioral Neuroscience, 16.
Ellamil, M., Fox, K., Dixon, M., Pritchard, S., Todd, R., Thompson, E., & Christoff, K. (2016). Dynamics of neural recruitment surrounding the spontaneous arising of thoughts in experienced mindfulness practitioners. NeuroImage, 136, 186-196.
Tang, Y., Hölzel, B., & Posner, M. (2015). The neuroscience of mindfulness meditation. Nature Reviews Neuroscience, 16, 213-225.
Feruglio, S., Matiz, A., Pagnoni, G., Fabbro, F., & Crescentini, C. (2021). The Impact of Mindfulness Meditation on the Wandering Mind: a Systematic Review. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 131, 313-330.