Einführung in das Thema Gedankenkreisen und Achtsamkeit

Gedankenkreisen, auch bekannt als „Mind Wandering“, ist ein häufiges Phänomen, bei dem Gedanken spontan und oft unkontrolliert im Geist auftauchen. Achtsamkeit, eine Praxis, die auf nicht-wertender Bewusstheit des gegenwärtigen Moments basiert, wird zunehmend als Methode zur Reduzierung von Gedankenkreisen und zur Förderung eines fokussierteren Geistes anerkannt.

Mechanismen der Achtsamkeit bei der Reduktion von Gedankenkreisen

Neurale Dynamik und Achtsamkeit: Studien zeigen, dass erfahrene Achtsamkeitspraktizierende subtile Unterschiede in der neuronalen Aktivierung aufweisen, die mit dem spontanen Auftreten von Gedanken verbunden sind. Bestimmte Hirnregionen, wie der mediale Temporallappen und der inferiore Parietallappen, zeigen eine Aktivierung vor dem Auftreten eines spontanen Gedankens, während andere Regionen wie der mediale präfrontale Kortex und der dorsale anteriore cinguläre Kortex gleichzeitig oder unmittelbar danach aktiviert werden. Diese Dynamik könnte erklären, wie Achtsamkeit die Entstehung und Verarbeitung spontaner Gedanken beeinflusst (Ellamil et al., 2016).

De-Automatisierung durch Achtsamkeit: Achtsamkeit kann helfen, automatische und reflexive Denkmuster zu unterbrechen. Durch die Förderung von Bewusstheit, Aufmerksamkeit und Akzeptanz kann Achtsamkeit die kognitive Kontrolle verbessern und metakognitive Einsichten erleichtern, was zu einer Reduzierung von automatischen Gedankenprozessen führt (Kang et al., 2013).

Auswirkungen von Achtsamkeit auf Gedankenkreisen

Reduzierung von Gedankenkreisen: Langfristige Praxis der Achtsamkeitsmeditation kann das Gedankenkreisen reduzieren und dessen negative Auswirkungen auf kognitive Aufgaben minimieren. Erfahrene Meditierende berichten von weniger Gedankenkreisen und zeigen eine verringerte Aktivität im Default Mode Network, was auf eine effektivere Kontrolle über spontane Gedanken hinweist (Feruglio et al., 2021).

Decentering und Reaktion auf Gedanken: Achtsamkeitspraktiken wie das achtsame Atmen fördern das „Decentering“, eine Technik, die es ermöglicht, Gedanken aus einer distanzierten Perspektive zu betrachten. Dies reduziert die negative Reaktion auf repetitive Gedanken und unterscheidet Achtsamkeit von anderen Stressbewältigungstechniken (Feldman et al., 2010).

Herausforderungen und zukünftige Forschungsrichtungen

Heterogenität der Studien: Die Forschung zu den Auswirkungen von Achtsamkeit auf Gedankenkreisen zeigt eine hohe Variabilität in den Studiendesigns und Ergebnissen. Weitere Studien sind erforderlich, um die bestehenden Befunde zu replizieren und die qualitativen Merkmale von Gedankenkreisen im Kontext der Achtsamkeitspraxis besser zu verstehen (Feruglio et al., 2021).

Konzeptuelle Herausforderungen: Die populäre Wahrnehmung von Achtsamkeit kann von der wissenschaftlichen Definition abweichen, was zu Missverständnissen über die Rolle von Akzeptanz und Engagement führen kann. Eine kontextualisierte Achtsamkeitsrahmen könnte helfen, diese Herausforderungen zu überwinden und die Praxis effektiver zu gestalten (Choi et al., 2021).

Fazit

Achtsamkeit bietet vielversprechende Ansätze zur Reduzierung von Gedankenkreisen und zur Förderung eines fokussierteren und weniger reaktiven Geistes. Die Praxis erfordert jedoch eine systematische Herangehensweise und kontinuierliche Forschung, um ihre Mechanismen und Auswirkungen vollständig zu verstehen und zu optimieren.

Studien zu Gedankenkreisen und Achtsamkeit

Ellamil, M., Fox, K., Dixon, M., Pritchard, S., Todd, R., Thompson, E., & Christoff, K. (2016). Dynamics of neural recruitment surrounding the spontaneous arising of thoughts in experienced mindfulness practitioners. NeuroImage, 136, 186-196. https://doi.org/10.1016/j.neuroimage.2016.04.034

Feruglio, S., Matiz, A., Pagnoni, G., Fabbro, F., & Crescentini, C. (2021). The Impact of Mindfulness Meditation on the Wandering Mind: a Systematic Review. Neuroscience & Biobehavioral Reviews, 131, 313-330.

Kang, Y., Gruber, J., & Gray, J. (2013). Mindfulness and De-Automatization. Emotion Review, 5, 192 – 201.

Choi, E., Farb, N., Pogrebtsova, E., Gruman, J., & Grossmann, I. (2021). What do people mean when they talk about mindfulness?. Clinical psychology review, 89, 102085.

Feldman, G., Greeson, J., & Senville, J. (2010). Differential effects of mindful breathing, progressive muscle relaxation, and loving-kindness meditation on decentering and negative reactions to repetitive thoughts.. Behaviour research and therapy, 48 10, 1002-11.